Credit Solutions: wie Risikomanagement zum Unternehmenserfolg beiträgt
Eine gute Aufstellung der Prozesse, der Methodik und der Systeme kann die Kosten im Kredit- und Risikomanagement maßgeblich senken. Doch heutzutage verändert sich die Ausgangslage schnell und fordert ein flexibles Vorgehen im Antragsprozess. Modulare Software-Bausteine sind eine Lösung, die sich leicht an neue Regulatorik und die wirtschaftliche Lage anpassen lassen und zusätzlich als Software-as-a-Service implementiert werden können. Wie optimierte Prozesse zu besseren Entscheidungen im Kreditmanagement führen und dadurch die Kosten senken, erklärt Stefan Schetter, Sales Director Credit Solutions bei CRIF Deutschland im folgenden Interview.
Herr Schetter, seitdem die Europäische Zentralbank versucht, die Inflation in Europa mithilfe steigender Zinsen unter Kontrolle zu bekommen, haben sich die Bedingungen in der Kreditvergabe deutlich verändert. Wie macht sich diese Veränderung bei Ihnen bemerkbar?
In Kundengesprächen lassen sich zwei Motive feststellen, die im letzten Jahr stark an Bedeutung gewonnen haben. Unsere Kunden wollen ihre Kosten senken und wünschen sich ein besseres Risikomanagement. Die Corona-Pandemie und die damit verbundenen Lieferkettenprobleme haben den Prozess in vielen Branchen ins Laufen gebracht – die gestiegene Inflation treibt ihn weiter an. Doch auch der große Digitalisierungstrend mit seinen technischen Innovationen sorgt weiter für Anpassungsdruck. IT-Projekte werden immer schwieriger, weil viele Schnittstellen und veraltete Systeme mit modernen Anforderungen kompatibel sein müssen. Und gleichzeitig werden Prozesse zunehmend verschlankt und dahingehend optimiert, die digitale Customer Experience durch Einfachheit und nahtlose Übergänge bestmöglich zu gestalten.
Wir unterstützen vor allem Unternehmen bei denen Kreditrisiken in digitalen Prozessen entlang der gesamten Credit Journey auftreten – und das ist in vielen Branchen der Fall: bei Banken und Finanzdienstleistern, im E-Commerce-Bereich, bei Strom-, Wasser- und Gasversorgern, Telekommunikationsunternehmen oder auch Teilen des produzierenden Gewerbes, die Waren auf Kredit verschicken. Diese Unternehmen brauchen auf dem digitalen Weg zum Vertragsabschluss mit ihrem Kunden Entscheidungshilfe sowohl bei der Risikoanalyse des Kunden als auch der IT-technischen Umsetzung der Prozesse.
Haben Sie ein Beispiel dafür, wie die Credit Journey aussieht?
Nehmen wir einen Anbieter von Kreditkarten: ein neuer Kunde möchte eine Kreditkarte beantragen und stellt den entsprechenden Antrag. Um diesen Kunden nicht an einen anderen Anbieter zu verlieren, ist ein schneller Entscheidungsprozess wichtig. Gleichzeitig muss der Prozess aber natürlich auch bestimmte Kriterien erfüllen. Schließlich soll das Risiko eines Zahlungsausfalles des Kunden möglichst geringgehalten werden. Das Unternehmen braucht also einen Prozess, der ihm klar aufzeigt, wie sich sein Kunde verhält. Ist die Person vertrauenswürdig und kann gut mit Geld umgehen? Reizt sie das Kartenlimit regelmäßig aus? Wie muss ich mit ihr umgehen, sobald sie in Zahlungsverzug ist? Muss ich ihr direkt eine Mahnung schicken, oder ist es vielleicht sogar besser, sie mit einem besonderen Angebot zum Aufschub der Zahlung zu einem loyalen Kunden zu machen? Die Balance zwischen einer hohen Conversion Rate und überschaubarem Risiko ist heutzutage zu einem komplexen Prozess geworden.
Ihre Kunden suchen also Unterstützung bei ihrem Risikomanagement bei gleichzeitiger Kostenoptimierung. Wie erfüllen Sie diese Anforderungen?
Im Bereich Kreditmanagement bieten wir ein Bausteinsystem. Je nach Ausgangslage und bereits existierenden Systemen können wir mit sechzehn einzelnen Bausteinen ein Kreditmanagement-System aufbauen, das exakt zu den von unseren Kunden definierten Kriterien passt. Zudem lassen sich unsere Lösungen besonders einfach in bestehende Systemlandschaften integrieren. Dafür implementieren wir Schnittstellen, die direkt aus dem System des Kunden aufgerufen werden können. Ein weiterer Vorteil ist, dass wir die vorhandenen Benutzeroberflächen des Unternehmens einfach übernehmen können. Den Mitarbeitern unserer Kunden fällt oft nicht einmal auf, in welchem System sie genau arbeiten – das ist benutzerfreundlich und lange Eingewöhnungszeiten sind damit überflüssig. Die Implementierung eines Credit-Solution-Prozess ist so in relativ kurzer Zeit möglich.
Was beutet in relativ kurzer Zeit genau?
Enterprise-Software ist natürlich nicht vergleichbar mit Standard-Software. Unsere Experten beraten jedes Unternehmen individuell dazu, welche Lösungen für das bestehende System sinnvoll sind. Damit die Prozesse heute State-of-the-Art sein können, müssen sie zum einen kundenorientiert und zum anderen regulationskonform sein. Dazu müssen die Experten unserer Professional Services, die bei der Umsetzung unterstützen, natürlich erstmal verstehen, was für den Kunden wirklich wichtig ist. Um auf Ihre Frage zurückzukommen: Der gesamte Prozess kann für kleinere Lösungen in wenigen Wochen abgeschlossen sein. Bei größeren Projekten und Lösungen mit stärkerem individuellen Anpassungsbedarf sollten Unternehmen von Konzeption bis Einsatz im Schnitt einige Monate einplanen. Wichtig ist, dass am Ende dem Unternehmen ein Prozess zur Verfügung steht, der ihm die bestmöglichen Entscheidungen und dem Kunden einen nahtlosen Vertragsabschluss ermöglicht.
Die Credit Journey ist lang, welche Bereiche gehören dazu und welche Lösungen stellt CRIF konkret bereit?
CRIF verfolgt einen ganzheitlichen Ansatz sowohl bei den einzelnen Lösungen als auch in der Beratung. Das heißt, wir decken die gesamte Credit Journey mit unseren Lösungen ab: vom Customer Onboarding, also dem Kennenlernen eines Kunden, über Loan Origination, der Kreditvergabe selbst, dem Customer Management, also die Verwaltung eines Kundenportfolios bis zum Bereich Collection, der sich um die Zahlungsaufforderungen dreht. Im Bereich der Credit Journey ist unser Mix einzigartig: mit einem guten Track Record, unserem internationalen Know-how in Form von Beratern und unserer Kompetenz im Umgang mit Daten.
Im Customer Onboarding habe ich als Unternehmen meinen Kunden bereits kennengelernt, worauf kommt es denn bei der Kreditvergabe an sich noch an?
Im Bereich Loan Origination, der den kompletten Kreditprozess von Initiierung der Anfrage bis Vertragseinbuchung abbildet, ist es für Unternehmen wichtig, flexibel auf sich verändernde Bedingungen eingehen zu können. Wenn der Leitzins steigt, muss ich als Bank meine Konditionen bei der Kreditvergabe anpassen. Um hier die richtige Entscheidung zu treffen, unterstützt zum Beispiel unsere Decision Engine den Entscheidungsprozess. Mit einer What-if Analyse können Simulationen durchgeführt werden, die mir sagen, ob es nicht vielleicht besser gewesen wäre, mehr Kunden zu weniger strengen Konditionen anzunehmen. Die Champion-Challenger-Option erlaubt es verschiedene Strategien anhand verschiedener Kriterien zu definieren und miteinander zu vergleich. Damit wird dem Risikomanager die Möglichkeit gegeben, sehr flexibel auf neue Risikoszenarien einzugehen und so das Risiko optimal zu managen.
Klassische Risikomanagement-Systeme sind häufig nicht darauf ausgelegt, anhand einer veränderten Ausgangslage schnell neue Szenarien auszuarbeiten. Das kann zum Problem werden, da unsere Zeit immer schnelllebiger wird und von uns verlangt, sich anzupassen. Um dem gerecht zu werden, integrieren wir Maschine Learning in unsere Prozesse. Zusammen mit klassischen Regressionsmodellen ermöglichen wir eine stetige Optimierung der Prozesse. Ein häufiges Ziel ist eine Verbesserung der Entscheidungsqualität und damit einhergehend ein höherer Automatisierungsgrad und die damit verbundenen Bearbeitungskosten. Bei einem Kunden konnten wir die Risikokosten um über 30 Prozent senken. Übrigens bedeutet ein besseres Kreditmanagement auch, dass Unternehmen ihren Kunden bessere Konditionen anbieten können. So können zum Beispiel Versicherungen kostengünstigere Angebote abgeben und sich vom Wettbewerb abheben.
Quasi eine Sofortmaßnahme zur Kostensenkung?
Auch wenn sich bereits direkt nach Einführung deutliche Verbesserungen zum Beispiel beim Grad der Automatisierung zeigen, verbessern unsere Lösungen die Prozesse stetig und langanhaltend. So erlauben Reporting-Funktionen das eigenständige Lernen aus den gesammelten Daten. Aus dem gezeigten Kundenverhalten können generelle Muster erkannt werden, die einem Unternehmen erlauben, ihre Kundengruppen in Segmente zu unterteilen oder die helfen, bestimmten Kunden den richtigen Lösungsweg aufzuzeigen.
Bei der Erkennung von Mustern spielen Daten für die Analyse eine große Rolle – ein Heimspiel für CRIF, könnte man sagen.
Genau, besonders im Bereich Customer Management kommt es darauf an, möglichst gut über mein Kundenportfolio Bescheid zu wissen. Die richtige Erhebung von Daten spielen hierbei eine die zentrale Rolle. Da kommt uns zugute, dass wir mit CRIF auf unsere hauseigene Auskunftei zurückgreifen können. Im Solutions-Geschäft sind wir jedoch auch unabhängig und greifen auf die Auskunftei zurück, die dem Prozess unseres Kunden bestmöglich dient. Bestandsdaten werden im Customer Management historisiert und mit Hilfe von Access to Account oder der PSD2 Richtlinie mit neuen Informationen angereichert. So kann ein umfassender digitaler Fußabdruck jedes einzelnen Kunden geschaffen werden, der bestimmten Merkmalen entspricht. In unseren Lösungen – wie unserer State-of-the-Art Decision Engine Strategy One - kann dann wiederum konfiguriert werden, wie mit welchen Kunden unter welchen Bedingungen umgegangen werden soll. Der Kreditsachbearbeiter bekommt dann direkt aus unserer Software Handlungsempfehlungen vorgeschlagen. Zum Beispiel sind bei Banken die Konditionen eine wichtige Stellschraube, das heißt, wie hoch darf das Darlehen sein und zu welchem Zins sollte es angeboten werden. Bei zu geringen frei verfügbaren Einkommen kann beispielsweise eine Anzahlung den Vertragsabschluss doch noch ermöglichen. All diese Handlungsoptionen können flexibel in unseren Systemen definiert werden und das Kundenmanagement anhand klarer Kriterien deutlich vereinfachen. So werden Risikokosten reduziert und Cross- und Upselling verstärkt.
Was passiert denn jetzt, wenn trotz aller Bemühungen keine Kunde seine Rechnung nicht bezahlt?
Darum dreht sich der Bereich Collections: Gehen wir davon aus, ein Kunde gerät in den kaufmännischen Mahnprozess, das bedeutet, die Forderung, zum Beispiel eine monatliche Ratenzahlung, wird nicht erfüllt. Unsere Lösung in dem Bereich definiert drei Ansätze: den Kanal, also wie spreche ich den Kunden an (per Post, Mail oder Telefon), die Maßnahme (Mahnung oder freundliche Zahlungserinnerung) und die Tonalität, also ein freundlicher Hinweis, oder der Hinweis auf anstehende gerichtliche Mahnstufen. Zusätzlich sehen wir einen klaren Trend im Collections zu neuen digitalen Kanälen – die ein deutliche höhere Akzeptanzquote bei dem Endkunden haben. Kunden erhalten durch digitale Kanäle wie Chat Bots und Schuldner-Portale die Möglichkeit selber Zahlungsvereinbarungen zu treffen oder direkt die Zahlung im Portal zu iniieren. Damit können Unternehmen ihre Entscheidungen deutlich konsequenter treffen und es dabei vermeiden, gutem Geld schlechtes hinterherzuwerfen und gleichzeitig die Beitreibungsquoten deutlich erhöhen.
Angenommen ich entscheide mich dafür, mit CRIF zusammen zu arbeiten, wo findet die Integration der Credit Journey-Lösungen statt und was passiert, wenn eine neue Richtlinie die rechtlichen Rahmenbedingungen für meinen Prozess verändert?
Um den Ansprüchen unserer Kunden gerecht zu werden, bieten wir die Möglichkeit, die einzelnen Bausteine im eigenen Haus oder als Software-as-a-Service zu beziehen. Hier besteht auch die Möglichkeit den Service direkt aus der Cloud zu nutzen – unsere servcies sind „Cloud-Ready". Dabei achten wir genau darauf, wichtige Datenschutzbestimmungen wie der DSGVO oder der Speicherung von europäischen Daten innerhalb der EU einzuhalten.
Alle unsere Software-Lösungen halten alle regulatorischen Vorgaben ein - sowohl nationale als auch internationale. Dabei wird unser zentrales Produktmanagement von regionalen Kompetenzzentren unterstützt. So werden unsere Produkte kontinuierlich weiterentwickelt, um stets den aktuellen Ansprüchen von Gesetzgebern und Kunden zu entsprechen.
Durch unseren hohen Qualitätsanspruch konnten wir bereits über 375 Kunden weltweit gewinnen, darunter 180 Unternehmen in sechzehn europäischen Ländern. Unsere Systeme haben für Mittelständler, regionale Banken und große internationale Unternehmen insgesamt bereits drei Milliarden Entscheidungen getroffen.